Im Hans-Thoma-Kunstmuseum läuft die Arbeit derzeit auf Hochtouren. Die Vorbereitungen zur neu gehängten und neu präsentierten Thoma-Dauerausstellung und der Sonderausstellung, die beide am 3. Oktober eröffnen, sind in vollem Gang. Den Anlass zu dem Doppelereignis bilden der 100. Todestag Hans Thomas und der 75. Geburtstag des nach ihm benannten Museums.
Neben zahlreichen Leihgaben aus Privatbesitz und Thomas Gemälde „Das Kornfeld“ (1892), einer wichtigen Neuerwerbung, wird vor allem eine Leihgabe der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe die Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher auf sich ziehen: Thomas frühes Meisterwerk „Mutter und Schwester in der Bibel lesend“ (1866). Die Kunsthistorikerin Christa von Helmolt hat die große Bedeutung des Gemäldes zurecht herausgestellt. Wie wichtig dem jungen Maler sein Bildnis war, zeigt schon der Umstand, dass er bei ihm zum ersten Mal seine abstrahierte Signatur, das Monogramm, verwendet hat. Es war Thoma offenbar bewusst, dass mit diesem Werk eine neue Epoche in seiner Karriere begann. Dennoch sollte sich seine materielle Situation vorerst nicht bessern, denn Thomas Malweise, seine Kunstauffassung war seiner Zeit weit voraus. In gewisser Weise arbeitete der Bernauer zu diesem Zeitpunkt noch am Publikum vorbei. Zumindest in Städten wie Karlsruhe und Düsseldorf. Gemalt hat Hans Thoma das bedeutende Bild von seiner Mutter und seiner Schwester in der engen Bernauer Familienstube, die kaum Platz für die Staffelei bot.
Auf leerer Bühne
Die Komposition des Gemäldes ist von meisterhafter Einfachheit. Sie besticht vor allem durch die reduzierte, leere „Bühne“ und durch die Regie des Lichts, das von links einfällt und sowohl das von Arbeit und Entbehrung gezeichnete Gesicht der Mutter als auch die vollen Züge der Schwester sowie die reinen, weißen Blusen hervorhebt. Das Werk wirkt ausgesprochen konzentriert: Außer einem Vorhang links im Bild und der Bibel im Vordergrund ist, neben den beiden Personen, nichts zu sehen. So sind Mutter und Schwester bei der Lektüre der Heiligen Schrift in einer Art Lichtkegel geborgen, und nichts kann sie ablenken. Das Gemälde offenbart Thomas frühen Realismus, es bildet die Lebenswirklichkeit seiner Familie ab. Doch es leistet zugleich mehr: Es ist ein Zeichen, es besitzt symbolische Qualität und zeigt, was, in Thomas Augen, Frömmigkeit im Schwarzwald in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts meint.
Dr. Jürgen Glocker
Neben zahlreichen Leihgaben aus Privatbesitz und Thomas Gemälde „Das Kornfeld“ (1892), einer wichtigen Neuerwerbung, wird vor allem eine Leihgabe der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe die Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher auf sich ziehen: Thomas frühes Meisterwerk „Mutter und Schwester in der Bibel lesend“ (1866). Die Kunsthistorikerin Christa von Helmolt hat die große Bedeutung des Gemäldes zurecht herausgestellt. Wie wichtig dem jungen Maler sein Bildnis war, zeigt schon der Umstand, dass er bei ihm zum ersten Mal seine abstrahierte Signatur, das Monogramm, verwendet hat. Es war Thoma offenbar bewusst, dass mit diesem Werk eine neue Epoche in seiner Karriere begann. Dennoch sollte sich seine materielle Situation vorerst nicht bessern, denn Thomas Malweise, seine Kunstauffassung war seiner Zeit weit voraus. In gewisser Weise arbeitete der Bernauer zu diesem Zeitpunkt noch am Publikum vorbei. Zumindest in Städten wie Karlsruhe und Düsseldorf. Gemalt hat Hans Thoma das bedeutende Bild von seiner Mutter und seiner Schwester in der engen Bernauer Familienstube, die kaum Platz für die Staffelei bot.
Auf leerer Bühne
Die Komposition des Gemäldes ist von meisterhafter Einfachheit. Sie besticht vor allem durch die reduzierte, leere „Bühne“ und durch die Regie des Lichts, das von links einfällt und sowohl das von Arbeit und Entbehrung gezeichnete Gesicht der Mutter als auch die vollen Züge der Schwester sowie die reinen, weißen Blusen hervorhebt. Das Werk wirkt ausgesprochen konzentriert: Außer einem Vorhang links im Bild und der Bibel im Vordergrund ist, neben den beiden Personen, nichts zu sehen. So sind Mutter und Schwester bei der Lektüre der Heiligen Schrift in einer Art Lichtkegel geborgen, und nichts kann sie ablenken. Das Gemälde offenbart Thomas frühen Realismus, es bildet die Lebenswirklichkeit seiner Familie ab. Doch es leistet zugleich mehr: Es ist ein Zeichen, es besitzt symbolische Qualität und zeigt, was, in Thomas Augen, Frömmigkeit im Schwarzwald in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts meint.
Dr. Jürgen Glocker